Arbeitsrecht | Der Europäische Gerichtshof hatte im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens (Az.: C-217/20) unter anderem die Frage zu beantworten, ob bei der Bestimmung des Urlaubsentgelts berücksichtigt werden darf, dass das Arbeitsentgelt im vorausgegangenen Bezugszeitraum wegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit gekürzt war.
In dem konkreten Fall hatte ging es um einen Kläger, der als Mitarbeiter der niederländischen Steuerverwaltung seit dem 24. November 2015 wegen Krankheit länger für teilweise arbeitsunfähig erklärt wurde. Im ersten Jahr der Arbeitsunfähigkeit erhielt er eine reguläre Besoldung in Höhe von 100%, im darauffolgenden Jahr ab dem 24. November 2016 wurden 70% der Summe fortgezahlt. Für die Stunden, in denen der Kläger als arbeitsfähig angesehen wurde, erhielt er wiederum 100% der Besoldung. Während des Jahresurlaubs des Klägers vom 25. Juli 2017 bis zum 17. August 2017 wurde ihm ein Entgelt in Höhe der seit 24. November 2016 bezogenen Besoldung von 70% gewährt. Dagegen wandte sich der Kläger vor dem niederländischen Bezirksgericht, das den EuGH in diesem Zusammenhang um die Auslegung der Arbeitszeitrichtlinie ersucht hat.
Der EuGH hat dies dahingehend beantwortet, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung so auszulegen ist, dass die Vorschrift nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen, wenn ein Arbeitnehmer, der wegen Krankheit arbeitsunfähig ist, sein Recht auf bezahlten Jahresurlaub ausübt, die sich aus der Arbeitsunfähigkeit ergebende Kürzung des Entgelts, das er während des Arbeitszeitraums, der dem Zeitraum der Inanspruchnahme des bezahlten Jahresurlaubs vorausgeht, erhalten hat, zu Bestimmung des Entgelts, das er im Rahmen seines bezahlten Jahresurlaubs erhalten wird, berücksichtigt wird. Zur Begründung führten die Richter aus, dass das Eintreten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nicht vorhersehbar und vom Willen des Arbeitnehmers unabhängig sei. Daraus ergebe sich, dass der unionsrechtlich gewährte Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub nicht dadurch eingeschränkt werden könne, dass Arbeitnehmer wegen einer Erkrankung im Bezugszeitraum ihrer Arbeitspflicht nicht nachkommen konnten. Vielmehr seien solche Arbeitnehmer denjenigen gleichzustellen, die während dieses Zeitraums tatsächlich gearbeitet haben.
Informationsquelle: Pressestelle des Europäischen Gerichtshofs, Pressemitteilung vom 09.12.2021